Oct 26, 2024
Am Morgen des 7. Oktobers 2024 brach die Stufe EF auf Stufenfahrt nach Weimar auf. Wir fuhren beinahe sieben Stunden, bevor wir am A&O-Hostel Weimar ankamen. Hier wurden zuerst die Zimmer bezogen, bevor der erste Programmpunkt der Fahrt begann: In Kleingruppen durften wir die Stadt erkunden und sollten dabei verschiedene Aufgaben über Weimars Vergangenheit lösen. Wir sollten unseren ersten Blick auf Goethes Gartenhaus oder auf Schillers Wohnhaus dokumentieren, einige Zeilen aus Goethes Gedicht über den Ginkobaum herausschreiben oder das Bauhausmuseum suchen. Danach blieb auch noch einige Zeit für Essen und individuelle Zerstreuung.
Am Dienstag, nachdem wir uns bei einem großen Frühstück gestärkt hatten, begann das Programm von neuem: Wieder ging es in die Stadt, diesmal auf den Marktplatz, wo unsere Stadtführung begann. Wir lernten viel über die vielfältige Geschichte Weimars: über die großen Musiker, Dichter und Denker, die sich im Laufe der Jahrhunderte hier versammelt haben, über die Fürsten, die früher über und von der Stadt aus herrschten und über die Gebäude und Parks, die sie damals anlegten und nutzten. Wir sprachen von Bach, den sog. „Weimarer Vier“ mit Goethe, Schiller, Herder und Wieland, von Liszt und Strauß, von Herzogin Anna Amalia und Herzog Carl August, die die großen Förderer der Aufklärung waren, und von den neuartigen Gebäuden, die im 20. Jahrhundert im Bauhaus erdacht worden waren.
Nach einigen Stunden der Begegnung mit der ferneren Vergangenheit wurde es am Nachmittag dann Zeit, sich mit dem der schrecklichsten Kapitel der deutschen Geschichte zu beschäftigen. Auf dem Ettersberg, der die Stadt überblickt, steht das ehemalige KZ Buchenwald, und dort fuhren wir nun hinauf. Wir erhielten auf einer Führung Einblick in das abstoßende System der Brutalität, mit dem dort Menschen inhaftiert wurden und das Tausende dort tötete oder sterben ließ. Die Menschen wurden dort erst verprügelt, dann ausgeraubt und dann unter schlimmsten Bedingungen wie Tiere gehalten. Die Wärter hetzten die Häftlinge gegeneinander auf, und wer sich wehrte oder einem Wärter auch einfach nur blöd vorkam, wurde getötet; seine Leiche eingeäschert. Noch heute sind viele Orte, an denen diese grausamen Taten durchgeführt wurden, begehbar. Um an die schrecklichen Ereignisse dort zu erinnern und daran, dass dort an Menschen aller Nationen Verbrechen begangen wurden, gibt es eine Gedenkplatte, die immer auf 37 Grad Celsius geheizt ist, auf die Temperatur des menschlichen Körpers.
In der Zeit nach der Befreiung des Lagers, in der Zeit der sowjetischen Besatzung und der DDR, wurde des Lagers dort auf eine andere Weise gedacht: Herr Schumacher führte uns noch durch das von der DDR errichtete Denkmal. Es ist eine riesige Anlage, die vor allem der in Buchenwald inhaftierten politisch Verfolgten gedenkt und dabei vor allem die Kooperation zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten im Lager herausstellt, was für den ideologischen Zusammenhalt der SED wichtig war.
Nach diesen Erfahrungen doch durchaus erschöpft, bestiegen wir im leichten Nieselregen wieder den Bus, der uns zurück zum Hostel bringen würde. Wieder wurde der Abend zur freien Verfügung gestellt, bis um 23 Uhr dann Nachtruhe war.
Am dritten Tag der Fahrt wurde dann das erste Mal das Programm so aufgespalten, das verschiedene Gruppen zu verschiedenen Zeiten des Tages Verschiedenes anschauten. So konnte es sein, dass man den ganzen Vormittag zur freien Verfügung hatte, während man am Nachmittag verschiedene Programmpunkte hatte, oder umgekehrt. Die beiden Programmpunkte waren das Goethehaus und das Goethemuseum, die praktischerweise genau nebeneinander liegen. Durch das Goethemuseum ging es im Rahmen einer innovativen Führung, bei der einzelne Schüler Rollen aus Goethes Umfeld übernahmen. Es traten unter anderem auf: Herzog Carl August (Goethes Mäzen); Christiane Vulpius (Goethes Liebschaft und spätere Ehefrau) und Friedrich Schiller, erst Konkurrent, später guter Freund. Es gab eine Reihe von Gegenständen aus seinem täglichen Leben zu betrachten, wie zum Beispiel seinen Reisemantel oder die von ihm angefertigten Zeichnungen.
Das Goethehaus wurde uns von einem Audioguide präsentiert, der uns über die Nutzung der von uns durchschrittenen Räume informierte. So besichtigten wir den sogenannten gelben Saal, das Urbinozimmer und Goethes Arbeitszimmer. Den Abschluss der Tour machte der Garten. Während einige noch Schillers Wohnhaus besuchten, erholten sich andere noch von den Führungen der letzten beiden Tage.
Auch am Donnerstag war das Programm, in diesem Fall der Besuch im Bauhausmuseum, auf den ganzen Tag verteilt. Dort angekommen, wurden wir von unseren Guides in Empfang genommen, die uns viel über die Geschichte des Bauhauses erklärten, insbesondere über seinen Wandel von einer naturalistischen Kunsthochschule zu einer funktionalistischen Designhochschule. Im Rahmen der Exponate konnten wir etliche frühe und späte Entwürfe des Bauhauses bestaunen, und wir bekamen einen Einblick in die architektonischen Neuerungen, die das Bauhaus in das Musterhaus „Haus am Horn“ eingebracht hatte und die sich bald in der ganzen Welt verbreiten würden. Das Bauhaus hatte dort unter anderem die erste Einbauküche sowie eine quadratische Grundform verwirklicht.
Genau dieses Haus am Horn besuchte kurze Zeit später eine Gruppe aus Schüler:innen und Lehrer:innen noch, und das war nicht der einzige freiwillige Programmpunkt an diesem Nachmittag. Denn am Abend ging es als Höhepunkt der sich langsam dem Ende zuneigenden Fahrt noch ins deutsche Nationaltheater, genauer in das Stück, das Goethe berühmt machte: „Die Leiden des jungen Werther“. Ein Stück, das in seiner Zeit aufgrund seiner Offenheit in Bezug auf Gefühle verschrien war, wird hier neu ausgearbeitet und in ein moderneres Setting gesetzt, durch Musik und Tanz ausgebaut und letztendlich durch einen überraschenden Abschluss zu einem Ende geführt.
Und mit diesem Theaterbesuch endet auch unsere Fahrt nach Weimar. Am nächsten Morgen sind die Koffer gepackt, der Bus steht vor der Tür des Hostels und wir fahren wieder ab nach Münster. Die Fahrt dauert zwar eine Weile, aber man beschäftigt sich, spricht mit Freunden oder hört Musik. Die allgemeine Stimmung kann man wohl mit müde, aber gut gelaunt zusammenfassen, und als wir wieder ankommen, ist die Freude groß, die Familie wiederzusehen. Doch trotz aller Müdigkeit und Wiedersehensfreude wird, so denken wir zumindest, niemand von uns so schnell Weimar vergessen, die Stadt der Dichter, Musiker und Denker, über der Schreckliches geschah und die wir, als Stufe EF des Schillergymnasiums, das Glück hatten, erkunden zu dürfen.